Wie ein Virus leicht schafft, was das Klima verdient

Alle Räder stehen still … 

 

Die globale Verunsicherung ist groß angesichts des neuen Virus, der einer Suppe auf dem Wildtiermarkt im chinesischen Wuhan entsprungen ist - einer Suppe, die wohl mit merkwürdigem Getier gebraut wurde: Schuppentiere, Reptilien oder Vögel –  man kann nur vermuten, welches Wildtier es letztendlich war, in dem der Angreifer ausgebrütet wurde. Aber nun ist er da und will bekämpft werden, metaphorisch gesprochen müssen wir nun alle gemeinsam die Suppe auslöffeln. Wirklich bemerkenswert dabei ist die allgemeine Hysterie, die wie das Virus alle Grenzen sprengt! (Wir standen gerade vor einem leeren Nudel-Regal in einem großen Supermarkt, auch die roten Saucen waren weg, Desinfektionsmittel sowieso – aber warum alle wagenweise Toilettenpapier abkarren, bleibt uns nach wie vor verborgen.) Noch bemerkenswerter finden wir allerdings, was plötzlich möglich ist in einer Welt, die gemeinhin als übermobil gilt  – plötzlich bewegt sich aus gesundheitlichen Gründen tatsächlich fast nichts mehr: Quarantäne ist angesagt. Für den Einzelnen verordnet als auch freiwillig, erzwungen in ganzen Städten, Regionen und Ländern. Es geht! 

 

Von Homeoffices und stehenden Jets 

 

Mal abgesehen von der kulturellen Leistung, die das Coronavirus für die Körperhygiene leistet (Ein herkömmliches Influenzavirus täte sich bei der Ausbreitung schwer, wenn regelmäßiges Händewaschen schon immer so weit verbreitet gewesen wäre wie heute!), sticht ins Auge, was es plötzlich möglich macht: Christian „Profi“ Lindner fordert jetzt sogar ein „Recht auf Homeoffice“ – den Rückenwind dafür hat der Populist aufgrund der Anstrengungen zahlreicher Unternehmen, die derzeit gefährdete Mitarbeiter zuhause arbeiten zu lassen, um sie vor Ansteckung zu schützen. Der Geschäftsbetrieb geht trotzdem weiter. Und: Es geht. Plötzlich. 

 

Die Lufthansa dünnt derzeit das Angebot auf Kurz- und Mittelstreckenflügen um bis zu 25 Prozent aus – jede vierte Verbindung fällt schon jetzt aus. Zuletzt teilte die Airline mit, in den kommenden Wochen bis zu 50 Prozent der Flüge ausfallen zu lassen. Der eine Grund: Massive Buchungsrückgänge. Der andere: Viele Flugziele dürfen nicht mehr angeflogen werden, zuletzt hat der wirre Donald Trump auch die fossile Ex-Führungsnation USA von Europa abgeschnitten. Wegen des „ausländischen Virus“! Immer mehr Jets stehen weltweit auf dem Boden. Siehe da: Es geht. 


"Das weckt den Sinn für das Nachdenken, dass die Leute mehr Angst um ihr Leben haben als um das Überleben der Menschheit".  (Richard David Precht im Interview


Die schwarze Null ist tot - Geld ohne Grenzen

 

Es ist da, das Geld! Am Freitag teilte Olaf Scholz in trauter Zweisamkeit mit Peter Altmaier auf einer groß angelegten Pressekonferenz mit, Beschäftigte und Unternehmen mit einem unbegrenzten Kreditprogramm der Staatsbank KfW zu helfen. „Es gibt keine Grenze nach oben bei der Kreditsumme. Wir haben gesagt, das soll unbegrenzt sein. Wir legen alle Waffen auf den Tisch.“ (Olaf Scholz) Tja, wenn es um die Ökonomie geht, geht plötzlich alles, da ist dann auch die heilige umkämpfte schwarze Null plötzlich völlig schnurz. Erstaunlich. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier setzt noch einen drauf: Er schließt in der Coronavirus-Krise die vorübergehende Beteiligung des Staates an strategisch wichtigen Unternehmen nicht aus. Verstaatlichung? Das war gestern noch Teufelswerk! Während beim Klimaschutz geknausert wird bis zur Untätigkeit, um notwendige Transformation „wirtschaftsverträglich“ zu gestalten, wird jetzt ordentlich geklotzt. Was schließt man jetzt daraus? Offensichtlich geht es. 

 


„Noch vor ein paar Wochen, ach was sag ich, Immer wieder, durften sich gerade wir Linke anhören, Verstaatlichung wäre die letzte Stufe vor dem Stalinismus, als es "nur" um die Wohnungsnot ging.“

(Francesco S. Garita, Politiker und Blogger) 


 

Die Wirtschaftskrise: Unangefochten der größte Umweltschützer

 

Ein Blick aus dem All im Februar offenbarte eine neue Luftqualität über China: Sowohl Satelliten der NASA als auch ESA entdeckten den Rückgang des Stickstoffdioxid-Ausstoßes zunächst über der Millionenmetropole Wuhan, sich dann aber über das ganze Land ausbreitend. Grund: Der Verkehr aus und in die Stadt wurde eingestellt, Fabriken geschlossen – die Produktion in ganz China wurde runter gefahren. „Das ist das erste Mal, dass ich so einen dramatischen Rückgang über so einer großen Fläche aufgrund eines spezifischen Ereignisses sehe“, so eine Wissenschaftlerin. Besonders relevant für das Klima ist die Prognose der Internationalen Energieagentur und der OPEC-Staaten, wonach die globale Nachfrage nach Öl im laufenden Jahr um bis zu 0,7 Prozent schrumpfen könnte! Die weltweiten Treibhausgasemissionen könnten dieses Jahr tatsächlich sinken.  Zuvor ist vor allem während der Wirtschaftskrise 2009 ein gradueller Rückgang zu verzeichnen gewesen. Allein die energiebedingten CO2-Emissionen sanken im Rezessionsjahr 2009 um etwa 7,7 Prozent. Zählt man die Emissionen aus Industrieprozessen dazu, betrug das Minus damals insgesamt fast 9 Prozent. Ein Blick auf die Zahlen zeigt schnell, dass wir das ohne Krise offensichtlich nicht hinbekommen. Komisch: Es geht! 

 

Kognitive Verzerrungen – zweierlei Maß

 

Man fragt sich, warum die Coronakrise weltweit zu so heftigen Reaktionen führt, und die andere, die mittlerweile auch Krise genannt werden darf, jetzt Klimakrise, ein so bescheidenes Nischendasein führen muss? Sie ist ungleich existenzieller in ihrer Bedrohung, ihren prognostizierten Todeszahlen, notwendig werdenden Völkerwanderungen und unendlichem zukünftigen Leid bis hin zur Auslöschung unserer Spezies. Aber eine ganze Welt laviert nun seit Jahrzehnten herum und schaut den nach wie vor steigenden CO2-Emissionen weitgehend tatenlos zu. Die so oft gehörte Erklärung lautet, dass wir Menschen weniger bereit sind, unser Verhalten zu ändern, je weiter die vermuteten Konsequenzen des Nichthandelns entfernt scheinen, zeitlich wie räumlich. Gleich ein ganzes Set von Kognitionsverzerrungen erklärt unsere Untätigkeit. Und doch 

zeigt die grassierende Epidemie: dass Staaten und ihre Bürger durchaus schnell und entschlossen reagieren können, wenn sie sich einer existenziellen Bedrohung gegenübersehen.  Alles allzu menschlich, wie die Psychologie uns erklärt. 

 

Zweierlei Maß! Irgendwie zum Kotzen. Denn: Es ginge, wenn wir wirklich wollten … 

 

 


Februar 2020:  Klimakrise – die Angst treibt ihre ersten Blüten!

Wie hypnotisiert durch den Tanz der Schlange erstarren wir angesichts der Klimakrise weitestgehend im Nichtstun, die Gefahr schlägt uns in ihren Bann. Aber diese Angst arbeitet längst in uns. Und sie trägt ihre ersten Blüten …. der ökologische Nihilismus ist auf dem Vormarsch.


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