Ein Klimawunder? Machbar, Herr Nachbar.

Es steht nicht besonders gut um den Fortbestand unserer Spezies in einer kranken Umwelt, wenn wir Menschen nicht schnell den Raubbau an unseren Lebensgrundlagen beenden und zu einem nachhaltigen Umgang mit unserem Planeten finden. 10 Jahre Zeit sind es, die wir für gravierende Veränderungen haben. Die Zeit läuft. Schaffen wir es nicht, kippt der Planet.

 

Deshalb braucht auch der „Exportweltmeister“ Nachilfe. Wer es bis jetzt immer noch nicht bemerkt hat: Bei der Umweltpolitik sind wir Entwicklungsland, abnehmend kaschiert durch geschicktes Regierungs-Marketing. Kurz zusammengefasst: Naturflächen sind in großem Maßstab bedroht, Grenzwerte werden permanent überschritten, Ökoziele großzügig verfehlt. Es gibt keinen systemischen Wandel, keine grundsätzliche Umorientierung unseres Wirtschaftens. Im Weltmaßstab sind wir nirgends in der Führungsposition. Die Umweltpolitk stagniert seit Jahren. Und das Verkehrsministerium wird in der Blogosphäre bereits als Außenstelle von BMW belächelt. Es fehlt die Vision. Allerorten. Und Nein, das lösen wir auch nicht, wenn wir als Strafzettel grobe Kasper wählen, die schlichtweg behaupten, es gäbe keinen menschengemachten Klimawandel,  das alles sei Lüge und früher wäre es so schlecht doch nicht gewesen. Wir haben ein faustdickes Problem. (Nein, Entschuldigung: Seit Montag haben wir mit dem vernichtenden IPBES-Bericht zur katastrophalen Lage der Ökosysteme gleich zwei!) 

 

Die nächste Generation geht freitags auf die Straße und demonstriert, Wissenschaftler warnen sich heißer, die Vereinten Nationen appellieren seit Jahren ins Nichts, und die Politiker lamentieren um den heißen Brei, wohl wissend, das niemand gerne Verzicht wählt. Dieweil blasen wir Jahr für Jahr mehr CO2 in die Luft und rotten immer mehr Arten aus, denen wir Lebensgrundlagen und -raum nehmen. Wir werden unserem Ruf als „Krone der Schöpfung"“ mehr als gerecht. Wir knechten unser Reich – es bläst zum Aufstand – von oben und von unten. Wenn wir nicht aufpassen, sind wir ganz schnell weg. 

"Die Weltherrschaft der Spezies Mensch ist, um es einmal aus der Perspektive der Natur zu betrachten, nicht mehr auszuhalten." (FAZ vom 07.05.19)

Der Clou dabei: Wir wissen das. 

 

Jetzt kann man darüber orakeln, ob Ameisen oder Viren unsere Nachfolge antreten werden oder ob wir nicht kämpfen wollen. Was gibt es Erfüllenderes, als für eine große Sache einzustehen und die Erfolge auf dem Weg zu feiern? Den neuen 170 PS starken SUV, das günstige Shirt aus Thailand, das dritte Handy in zwei Jahren? Hmmm. Der Kick ist meist schon im Moment des Kaufes vorbei, immer mehr Menschen leiden unter Konsum-Zwang, letztendlich gibt es Studien in Hülle und Fülle, die belegen, dass dieser Konsum infantilisiert. Irgendwie sind wir alle große Kinder, und irgendwie haben wir eine Ahnung davon, dass es mächtige Strippenzieher gibt, die genau das möchten, weil sie davon profitieren. Für diese Erkenntnis muss man keine Verschwörung bemühen, es reichen bereits nüchterne sozialwissenschaftliche Studien. Aber es ist einfacher, per Klick sein Missfallen oder Gefallen zu äußern als tatsächlich etwas in seinem Leben zu ändern oder aktiv an den gesellschaftlichen Strukturen verändern zu wollen. Allzu menschlich, weil bequem. Die Dissonanz ertragen wir heldenhaft. Wir bringen ein symbolisches Opfer und kaufen uns zur Belohnung was Schönes. Gut gemacht. Aber, Hand aufs Herz, irgendwo da drinnen schwirrt doch diese Erkenntnis, dass es wohl nicht ganz richtig ist, CO2 süchtig zu sein ... 

 

Perspektivenwechsel: Wunder sind machbar. 

 

Ein kurzer Blick in die Geschichte zeigt, dass wir durchaus schon Berge versetzt haben innerhalb von 10 Jahren. Am 08.Mai 1945 liegt ganz Europa in Schutt und Asche. Am 08.Mai 1955 feiern wir das Wirtschaftswunder. Allen geht es gut, alles ganz anders. Innerhalb von zehn Jahren. Mit einer guten Strategie, gezielten Investitionen, Innovationen, den nötigen Gesetzen und genug Geld. Die Basis dafür: Menschen, die genau das wollen und ebenso handeln, denn sie sind der Motor der Veränderung. Wer Berge versetzen will, muss viele kleine Steine in die Hand nehmen. Das beginnt in Ihrem Alltag, Ihren Gewohnheiten, der echten Auseinandersetzung mit Programmen und Strategien. Mit eigener Initiative. Das kostet Zeit. Die sollten wir uns nehmen. Und statt „Verzicht“ könnten wir auch einfach das Wort „Veränderung“ benutzen. "Persönliche Entwicklung" ist eine der Zauberformeln unserer Zeit. Die muss doch nicht immer im Kontext einer möglichst effektiven Selbstausbeutung stehen. Sehen Sie es doch mal größer, global. Wachsen Sie. Erst kürzlich punktete die Meeresbiologin Antje Boetius in Maybrit Illners Talkshow mit dem Satz „Das liegt doch nicht in unserer DNA, dass wir ständig fliegen und jede Woche ein neues Ein-Euro-Billig-Shirt kaufen müssen. Reden wir uns das doch nicht ein.“  Eben.  Reden wir doch lieber darüber, dass das „Klimawunder“ machbar ist – und was wir dafür tun können. 

 

Wenn jeder in seinem Alltag ein paar Kieselsteine bewegt, können wir gemeinsam Berge versetzen. Sagen Sie das jedem, den Sie kennen. Das Klimawunder ist machbar, Herr Nachbar. 

 


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