Verrückt, wie normal Wahnsinn heute ist!

Wer ist der Irre, wenn alle verrückt sind?

 

Zunächst mal: Es gibt offiziell keinen „Wahnsinn“ mehr. Er wurde wie „Verrücktheit“ und „Irrsinn“ im  19. Jahrhundert zur Bezeichnung außergewöhnlicher, extremer Zustände benutzt und gegen Ende des Jahrhunderts abgeschafft. Wir glauben, er lebt trotzdem noch. Schlecht greifbar, weil er zur Norm geworden ist. Wer ist der Irre, wenn alle verrückt sind? Wahnsinnig weites Feld …. 

 

„Wenn wir bedenken, dass wir alle verrückt sind, ist das Leben erklärt.“

(Mark Twain) 

 

Geht doch! Im Jahr 2016 wurde ein neues Transatlantikkabel zwischen London und New York verlegt. Kostenpunkt: 300 Millionen Dollar. Grund: Erhöhung der Transaktionsgeschwindigkeit zwischen den ortsansässigen Börsen. Die Zeit für eine Transaktion wurde um 6 Millisekunden verbessert – von 65 Millisekunden auf unglaubliche 59 Millisekunden. Da staunt sogar das Universum. Börsentransaktionen flitzen seitdem mit einer Geschwindigkeit von 102.000 km/sek unter dem Atlantik durch! Eine herkömmliche Sternenexplosion bringt es nur auf schlappe 20.000 km/sek, die Erde dreht sich mit langweiligen 30 km/sek um ihre eigene Achse. Warum der Aufwand? Hedgefonds sparen mit jeder eingesparten Minute 100 Millionen Dollar. Rechnet sich. Unglaublich, dass es für all dieses Geld keinerlei Deckung gibt. Es lebt ausschließlich von Vertrauen. Jetzt sagen Sie mal: Ist das nicht wirklich verrückt?  

 

„Die Definition von Wahnsinn“ so soll es der geniale Physiker Albert Einstein einmal gesagt haben, „ist, immer wieder das Gleiche zu tun und dabei andere Ergebnisse zu erwarten“. Bei nüchterner Betrachtung der globalen Umstände könnte man auf die Idee kommen, wir wollten der Klimakatastrophe dadurch Herr werden, indem wir immer mehr CO2 in die Atmosphäre blasen. Es steht der Verdacht im Raum, dass das nicht hinhauen wird – auch wenn ein paar Irrlichter hartnäckig behaupten, das wäre so gut wie Dünger und die Pflanzen würden dadurch einfach größer. Also so wie unsere Autos gerade. Ist natürlich purer Unsinn, aber nicht wenige hören das gern. Als Spezies lieben wir einfach Geschichten, die gut ausgehen! Ansonsten sind wir angesichts der Größe des Problems schlichtweg überfordert: Mehr Wissen führt bei unserer Spezies nicht automatisch zu mehr Handeln. Stattdessen stellt sich meist ein Gefühl der Lähmung ein. Je mehr Informationen wir haben, umso deutlicher wird uns, dass wir nichts bewirken können. Dieses sogenannte "value-action gap" führt gewissermaßen zur Kapitulation oder zur Verdrängung, bei manchen auch zur Leugnung. Ist jetzt das spezifisch Menschliche des Menschen Tod? Wäre schon verrückt, oder?  

 

Dabei sind wir doch echte Macher! Eigentlich. Also wir haben es hinbekommen, uns durch Produktivität weitestgehend von den harten existenzsichernden Arbeiten freizumachen, das übernehmen mittlerweile Maschinen. Was haben wir gemacht? Wir haben einen gigantischen Dienstleistungssektor geschaffen, und heute verdienen die Menschen ihr Geld weitestgehend, ohne etwas von Wert zu schaffen. Im Land des Überflusses werden wir umso verzichtbarer, je reicher und klüger wir werden! Geld zu verdienen, ohne dafür irgendetwas von Wert zu schaffen, ist alles andere als einfach: Talent, Ambition, Köpfchen und Fleiß sind dafür erforderlich – nur damit entstehen Transatlantikkabel, die Transaktionen wirklich geil beschleunigen! Der pure Wahnsinn! 

 

Das alles funktioniert nur, weil wir so unglaublich flexibel sind! Die menschliche Gabe, sich mit Dingen zu arrangieren, die man nicht ändern kann, und die Geschmeidigkeit, sich auf neue Entwicklungen einzustellen, ist zumindest auf der Erde unerreicht. Wir würden noch verrückter werden, wäre es anders. Die Umweltforschung nennt das „shifting baselines“ und meint damit das Phänomen, dass jede Generation einen neuen Referenzpunkt setzt, gegen den die Entwicklung abgeglichen wird. Diese kollektive Wahrnehmungsverschiebung gilt für nahezu alles, was man beobachten kann: Das Artensterben ist für kaum jemanden wirklich persönlich spürbar – vor 50 Jahren haben mehr tote Viecher an der Windschutzscheibe geklebt, aber sonst? Und dass die Sommer wärmer werden – einfach wahnsinnig schön! 

 

Und kosmisch betrachtet? In Anbetracht der unfassbaren Größe des Weltalls und dessen Alter von über 13 Milliarden Jahren, wunderte sich bereits der Physiker Enrico Fermi, müsste doch längst einmal ein Außerirdischer aufgetaucht sein, um uns Erdlingen ein "Hallo Erde!" zuzurufen. War aber bisher keiner da. Dabei müssten theoretisch so einige im Universum unterwegs sein. Dieser vermeintliche logische Widerspruch wird als Fermi-Paradoxon bezeichnet. Der geniale Stephen Hawking meinte dazu, die Entstehung von Leben würde ab einem gewissen Punkt instabil werden, so dass es zu einer unabsichtlichen Selbstauslöschung käme. Und von all den möglichen Auslösern haben wir uns offensichtlich ein Übermaß an CO2 ausgesucht. Rein kosmisch gesehen scheint unsere Entwicklung also völlig normal. 

 

Wahnsinn, oder?

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